"HABEN WIR UNS NICHT SCHON MAL GESEHEN?"

 

Erneuter Beurteilungsbesuch im Unterricht




1. (immer wiederkehrende) Situation:

Zu Beginn einer Unterrichtsstunde vor einem

Klassenzimmer



Schulleiter:

“Grüße Sie, liebe Kollegin. Es macht Ihnen doch nichts aus, wenn ich Sie jetzt im Unterricht besuche?“


Lehrkraft:

“Ähm, nein, natürlich nicht...

Sie wissen aber schon, dass der einzige bisher zu Buche stehende Unterrichtsbesuch im gleichen Fach in genau in dieser Jahrgangsstufe stattgefunden hat, oder?

Sie können aber natürlich gerne reinkommen, falls das kein Problem ist und Sie deswegen einen Besuch mehr machen müssen...“


Schulleiter:

“Ähm, ach so, nun, ja, da ich jetzt schon mal da bin, schaue ich mir das auch an.“



2. Situation:

Die Schulleitung liefert bei den Besprechungen der

besuchten Unterrichtsstunden immer wieder neue

Begründungen für ihr Bleiben



a) “Der erste Besuch damals war ja in einer Klasse mit Mädchenüberschuss. Dieses Mal saßen doch fast so viele Buben in der Klasse wie Mädchen, glaube ich. Das passt dann schon.“


b) “Wissen Sie, der erste Besuch damals ist ja im zweiten Schulhalbjahr erfolgt und dieser hier im ersten. Da gibt es also keine Überschneidungen.“


c) “Das passt schon so, wie das gelaufen ist. Der erste Besuch damals fand ja vor der Pause an einem Donnerstag statt. Die Stunde, die ich heute gesehen habe, war erstens nach der Pause und zweitens viel früher in der Woche. Heute haben wir ja erst Mittwoch, nicht wahr?“


d) “Wissen Sie, oft haben Dinge, die auf den ersten Blick vielleicht als Kleinigkeiten abgetan werden, doch eine ganz erstaunliche Bedeutung und verändern alles von Grund auf, nicht wahr? So trugen Sie beim ersten Besuch damals Ihre Haare ja noch offen, heute hatten Sie sie dagegen zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden.“


e) “Das geht schon in Ordnung. Sie dürfen nicht vergessen, dass der erste Besuch anders als der heutige ja noch vor der für Deutschland so überaus erfolgreichen Fußballweltmeisterschaft erfolgt war!“


f) “Man kann diese beiden Stunden doch nicht über einen Kamm scheren, liebe Kollegin. Beim ersten Unterrichtsbesuch müsste auf jeden Fall zunehmender Mond gewesen sein, während wir jetzt gerade auf Vollmond zusteuern. Und an solchen Tagen sind gerade manche unserer weiblichen Schützlinge ja gerne ein bisschen durch den Wind und kaum wiederzuerkennen, verstehen Sie?"


g) “Man muss da schon ein wenig differenzieren. Der erste Unterrichtsbesuch hatte mit Bestimmtheit zur Sommerzeit stattgefunden, während wir jetzt doch schon die Winterzeit haben. Und gerade an sensiblen Menschen geht die Umstellung ja nicht spurlos vorüber, was sich natürlich extrem auf den Unterricht auswirken kann. Sehen Sie, was ich meine?"


h) “Das hatte schon seine Richtigkeit, wissen Sie. Wir haben ja jetzt November, wogegen der erste Besuch wohl im Mai oder Juni stattgefunden haben muss. Das muss man schon berücksichtigen, denn die damalige Stunde hatte im Gegensatz zur heutigen in einem Monat ohne “r“ stattgefunden. Das ist wie bei den Muscheln.“